Frauen in Burkina
Sie tragen mehr als 70% zur Volkswirtschaft bei, insbesondere am Land. 'Familienoberhaupt' ist immer der Mann (so er sich nicht aus dem Staub gemacht hat), aber nur für wenige Familien wäre der Ausfall der Frau nicht existenzbedrohend.
Statt Dank ernten Frauen und Mädchen oft Gewalt. Diese umfasst unter anderem Polygynie ('Vielweiberei'), Kinderhochzeit, zu frühe Schwangerschaften & Geburten, Hexereivorwürfe Hexenvertreibungen und Exzision, die vor allem an kleinen Kindern praktizierte Form des Zurechtschneidens des weiblichen Geschlechts.
Des Ertragens und Unterwerfens ist schon lange genug. Doch noch deutet nichts auf ein Rebellieren der Frauen.
Die Projekte
Seit 2003 unterstützen wir – Petra Radeschnig und Günther Lanier – mit Hilfe von Spenden aus dem FreundInnen- und Bekanntenkreis den “Hexenhof“ in der Hauptstadt Ouagadougou und den Verein A.F.D. SongManegre hundert Kilometer nördlich im Département Kongoussi, sowie seit 2020 die NGO PARTNERS in der Hauptstadt.
Der 'Hexenhof'
Der Glaube an okkulte Kräfte und Hexerei ist sehr weit verbreitet. Besonders die Angst, dass eine Hexe (es gibt auch wenige Hexer) sich die Seele eines anderen Menschen aneignet, verzehrt um ihre eigene Lebensenergie zu mehren. Vermeintliche Opfer der 'Seelenesserin' (mangeuse d'âme) sind vor allem ihr Nahstehende.
Bei den Mossi – knapp 50% der burkinischen Bevölkerung – werden Hexen ge- und verjagt. In der Regel sind es ältere Frauen, meist arm, meist mit wenig sozialem Rückhalt, die Opfer von Hexereivorwürfen werden, die, einmal erhoben und von genügend Leuten geglaubt, unwiderlegbar werden.
Die betroffene Frau wird dann von der aufgebrachten Menge zumindest beschimpft, bedroht und verjagt, manchmal auch gesteinigt oder in ihrem Haus verbrannt. Ist sie mit dem Leben davongekommen, kann sie meist nicht auf ihre Herkunftsfamilie zählen, zu groß ist der soziale Druck, den ihr das Beherbergen einer 'Hexe' einbringen würde. Land- und obdachlos schafft es die Betroffene vielleicht bis nach Ouagadougo – und vielleicht bis zu einer der beiden Institutionen, die Opfern von Hexereivorwürfen Unterschlupf bieten, einer davon der staatliche Solidaritätshof (Cour de Solidarité – unser 'Hexenhof').
Die Verhältnisse im 'Hexenhof' sind ärmlich. Der Staat stellt das Grundstück mit einem großen Gebäude zur Verfügung, zahlt die Sozialarbeiterinnen, den Strom und Reis oder Hirse für ein tägliches Essen. Zum Überleben brauchen die Bewohnerinnen einen Zuverdienst: die jüngeren unter ihnen verdingen sich in der Regenzeit als Tagelöhnerinnen in der Landwirtschaft. Die älteren spinnen zumeist Baumwolle, manche gehen betteln. In der Zwischenzeit haben sich die Verhältnisse gebessert. Zusätzlich zu vor allem von uns finanzierten punktuellen Maßnahmen (Leeren der Senkgruben, Toilettenrenovierung, Bau zusätzlicher Sanitäreinrichtungen, Kauf von Brennholz zum Kochen, Reparatur des zentralen Ofens, Kauf von Seife, Lebensmitteln, usw.) hat ein holländischer Missionar mit in seiner Heimat gesammelten Geldern zusätzlichen Wohnraum geschaffen (etwa 3x3 Meter große Zimmer, die von je zwei Frauen bewohnt werden) und er hat die große Halle unterteilen lassen.
Wir haben vor allem die medizinische Versorgung verbessert: Ein 'infirmier' (eine Art Pfleger mit ärztlichen Befugnissen) erhält ein kleines monatliches Gehalt, auf Basis seiner Verschreibungen gibt es in der nahen Apotheke einen ‚Medikamentenfonds‘, alle Frauen wurden mit Moskitonetzen ausgestattet.
Zudem zahlen wir allmonatlich Trockenfisch (etwas über 150 Euro p.m.) – zur proteinmäßigen Aufbesserung der einen gemeinsamen täglichen Mahlzeit.
Dann finanzieren wir noch punktuelle Maßnahmen wie Leeren der Senkgruben, Toilettenrenovierung, Bau zusätzlicher Sanitäreinrichtungen, Kauf von Brennholz zum Kochen, Reparatur des zentralen Ofens oder eines Wellblechdaches usw.
Der Verein der Frauen für die Entwicklung SongManegre (A.F.D. SongManegre)
Zu diesem Verein haben wir in den rainbownews 3/2018 berichtet (siehe dort). Das Département Kongoussi, in dessen 63 Dörfern und dem Hauptort gleichen Namens der Verein aktiv ist, leidet seit ein paar Jahren arg unter terroristischen Attacken. Umso wichtiger ist in diesem Krisenkontext unsere fortgesetzte Unterstützung.
Die NGO - PARTNERS
PARTNERS ist ein Verein, der sich für das Empowerment von Frauen und Mädchen einsetzt – vor allem, aber nicht nur in der burkinischen Hauptstadt Ouagadougou.
Hauptprojekt ist seit Anfang 2021 das Veranstalten von Selbstverteidigungskursen für Unterstufenschülerinnen in Ouagadougou. Dazu kommen noch Kurse in sexueller und reproduktiver Gesundheit, denn gerade in dieser Zeit erwachender Sexualität mangelt es den Teenagerinnen oft an Wissen um sexuelle und reproduktive Gesundheit. Es geht unter anderem darum, ungewollten und zu frühen Schwangerschaften vorzubeugen, die für die Betroffenen sehr oft das Ende ihrer Schulkarriere bedeuten. Bei den Selbstverteidigungskursen wird freilich betont, dass Vermeiden von Gefahr und Flucht vor Gewalt, so sie möglich ist, einer Verteidigung stets vorzuziehen ist. Die Kurse in sexueller und reproduktiver Gesundheit werden von medizinischem Fachpersonal (Hebammen) gehalten, die Selbstverteidigungskurse von ExpertInnen in Selbstverteidigung der burkinischen Gendarmerie. Die Nachfrage nach beiden Ausbildungen ist groß´. mehr und Spendenaufruf 2024
Günther Lanier und Petra Radeschnig